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Remo F. Roth
Dr. oec. publ., Ph.D.
dipl. analyt. Psychologe (M.-L. v.
Franz)
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©
2005 by Pro Litteris, Zurich, Switzerland and Remo F. Roth, Horgen-Zurich.
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Der
Briefwechsel zwischen Wolfgang Pauli und C.G. Jung
Ein Dokument des ungelösten
psychophysischen Problems des 20. Jahrhunderts
Kapitel
1:
1934:
Wolfgang Paulis Wespenphobie und das Prinzip des kollektiven Eros
1.1
Bilden Wolfgang Paulis wissenschaftliche Hypothesen die Ursache seiner
archetypischen Traum- und Visionsserien?
1.2
Parapsychologie, die raumzeitlose Seinsform der Psyche und die
Reinkarnations-Hypothese
1.3
Die Wespenphobie Paulis und ihr bipolar-oszillativer Hintergrund
1.4
Die Wespenphobie und das Gegensatzproblem zwischen Logos und Eros
1.5
Niklaus von Flües Vision vom erschreckenden Gottesantlitz, sein
Radbild, das Siegel Salomos und Wolfgang Paulis Weltuhr-Vision
1.6
Die erste Hypothese: Der Sinn von Paulis Wespenphobie besteht in der
Integration des kollektiven Eros
Kapitel
2
zurück
1.2
Parapsychologie,
die raumzeitlose Seinsform der Psyche und die
Reinkarnations-Hypothese
Der
Briefwechsel zwischen dem Physiker und späteren Nobelpreisträger
Wolfgang Pauli und dem Tiefenpsychologen C.G. Jung beginnt im Jahr
1934 mit einem parapsychologischen Thema, das ihn ganz wesentlich prägt.
In den Briefen [29], [30] und [7][1]
– zwischen April und Oktober geschrieben – bezieht sich Pauli
auf C.G. Jungs Artikel Seele
und Tod, der in eben diesem Jahr erschienen war[2].
Jung bezweifelt[3]
darin die alleinige Abhängigkeit der Psyche vom Gehirn, da die
parapychologischen Tatsachen, vor allem die „räumlichen und
zeitlichen telepathischen Phänomene“, dagegen sprächen. Er fährt
dann weiter:
„Die
raumzeitliche Bewusstseinsbeschränkung ist eine dermassen überwältigende
Tatsache, dass jede Durchbrechung dieser fundamentalen Wahrheit
eigentlich ein Ereignis von höchster theoretischer Bedeutung ist,
denn es wäre damit erwiesen, dass die Raumzeitbeschränkung
eine aufhebbare Bestimmung ist. Die aufhebende Bedingung wäre die
Psyche, welcher also mithin die Raumzeitlichkeit höchstens als
relative, bedingte Eigenschaft anhaften würde. Gegebenenfalls aber
könnte sie die Schranke der Raumzeitlichkeit durchbrechen, und zwar
notwendigerweise vermöge einer ihr wesentlichen Eigenschaft
relativer Raum- und Zeitlosigkeit.“[4]
Telepathie
und Präkognition zeigten daher,
„dass
die Gehirnverhaftung der Psyche, das heisst ihre Raumzeitbeschränkung,
doch nicht so selbstverständlich und unumstösslich ist, wie man
bisher glaubte annehmen zu dürfen.“[5]
Mit
“Psyche” meint Jung hier die von ihm so genannte “objektive
Psyche” oder das kollektive Unbewusste. Er ist somit überzeugt,
dass diese von ihm postulierte tiefere Schicht der Seele, die nicht
individuell sondern der ganzen Menschheit eigen ist, in einen
Bereich hinein reicht, in dem die uns geläufige Raum- und
Zeitvorstellung aufgehoben ist. Er meint sogar, dass diese die
Raumzeit des Bewusstseins aufhebende Bedingung die objektive Psyche
selbst sei, da sie selbst „eine ihr wesentliche Eigenschaft
relativer Raum- und Zeitlosigkeit“ besitze[6].
Jung
wird im Laufe der nächsten 20 Jahren seine Hypothese in der
Vermutung gipfeln lassen, dass diese Raum und Zeit relativierende
Psyche nicht nur nicht mit dem Gehirn identifiziert werden kann,
sondern ihren Sitz im Sympathicus und Parasympathicus haben könnte.
Im Jahr 1952 publiziert er im Zusammenhang mit dem von ihm
postulierten Synchronizitätsphänomen folgende Erkenntnis:
“Wir
müssen [im Fall der Synchronizität] auf die Vorstellung einer mit
einem lebenden Gehirn verbundenen Psyche völlig verzichten und uns
vielmehr des ‘sinngemässen’ bzw. ‘intelligenten’ Verhaltens
der niederen Lebewesen, die kein Gehirn besitzen, erinnern.”[7]
Dann
schliesst er im Jahr 1955 in seinem Spätwerk Mysterium Coniunctionis:
So
gut nämlich der Mensch einen Körper hat, der sich im Prinzip vom
Tierleib nicht unterscheidet, so hat auch seine Psychologie
gewissermassen untere Stockwerke... zu allertiefst die transzendente
Unbegreiflichkeit und Paradoxie der sympathischen und
parasympathischen psychoiden Vorgänge.”[8]
Er
wird mit der Zeit ahnen, dass es sich bei dieser „raumzeitlosen
Seinsform der Psyche“ um einen tieferen Aspekt als das kollektive
Unbewusste handelt, den er mit einem Ausdruck des Alchemisten
Gerardus Dorneus den unus
mundus nennen wird. Pauli wird diese tiefste Schicht als die
psychophysische Einheitswirklichkeit bezeichnen und im Jahr 1953
Jung vorschlagen, sie als „der Möglichkeit
nach seiend“ (Engl.: „potential being“) im Sinne des
Aristoteles anzusehen.[9]
(Vgl. dazu The
Return of the World Soul,
Chapter 3)
Doch
kehren wir zum ersten Brief des Briefwechsels zurück. Pauli
interessiert sich speziell für die in diesem frühen Essay
aufgeworfene Frage des Zusammenhangs einer eventuellen
„raumzeitlosen Seinsform der Psyche“ mit dem räumlichen und
zeitlichen Hellsehen, der
Telepathie und der Präkognition, deren Existenz J.B. Rhine
in eben diesem Jahr 1934 nachgewiesen hatte. Im ersten der drei
obigen Briefe erhebt er jedoch sofort den kritischen Einwand, dass
Jungs Hypothese der „raumzeitlosen Seinsform der Psyche“[10]
nur einen Sinn mache, wenn sie in einen Zusammenhang mit empirisch
beobachtbaren Phänomenen gebracht werden könne.
Als
Physiker meint Pauli mit der empirischen Beobachtbarkeit natürlich
den Nachweis der theoretischen Hypothese im physikalischen
Experiment. Er fährt daher mit der Bemerkung fort, dass im Falle
der Beobachtung von Lebensphänomenen, zu denen die Psyche natürlich
gehört, sich das Problem ergebe, die Lebewesen am Leben zu
erhalten, so dass die Prüfung physikalischer Gesetze bei den für
Lebewesen charakteristischen Erscheinungen verunmöglicht werde. Mit
dem Begriff „physikalische Gesetze“ impliziert Pauli die
Kausalität der Newtonschen und Einsteinschen und die statistische Kausalität der
Quantenphysik. So kommt er zum Schluss, dass es durchaus möglich
sei,
„dass
für das Walten u. Eingreifen einer neuen Art von
Naturgesetzlichkeit bei den Lebensphänomenen ein Platz bleibt“.[11]
Schon
sehr früh kommt Pauli somit der heute noch völlig revolutionäre
und von der Wissenschaft meist abgelehnte Gedanke, dass die beiden
Theorien der Physik, die klassische Newtons und Einsteins einerseits
und die Quantenmechanik andererseits, die Geschehnisse im Universum nicht vollständig
beschreiben. Diese Idee wird ihn später in einen eklatanten
Gegensatz zu Einstein bringen, dem er in einem Brief an Jung im Jahr
1953 vorwerfen wird, er „halte für eine Unvollständigkeit der
Wellenmechanik [Quantenphysik, RFR] in der Physik, was in Wahrheit
eine Unvollständigkeit der Physik innerhalb des Lebens sei.“[12]
Als
Resultat der Einsicht der Begrenztheit der physikalischen Sicht wird
Pauli später auf die Formulierung des „dritten Typus von
Naturgesetzen“[13]
kommen, womit er eine
in Zukunft noch zu findende Gesetzlichkeit neben der Kausalität
der klassischen und der statistischen Kausalität der Quantenphysik
meint. Diese schon derart früh auftauchende Hypothese eines
neuartigen Naturgesetzes, das mit einem raumzeitlosen, das heisst,
ewigen und den physikalischen Raum überwindenden, allgegenwärtigen[14]
Aspekt der Psyche zusammen hängt, wird sich dann in Paulis späterer
Auseinandersetzung mit der Reinkarnations-Hypothese wieder zeigen.
Das
Studium des Briefwechsels konfrontiert uns somit mit der Tatsache,
dass schon der erste Brief des späteren Nobelpreisträgers uns weit
von der mainstream-Physik seiner und erst recht der heutigen Zeit
entfernt. Er führt in das der Naturwissenschaft anrüchige Gebiet
der Parapsychologie auf dem Hintergrund einer möglichen
raumzeitlosen Form der Psyche, damit auf die Frage nach der möglichen
Existenz eines Jenseits nach dem individuellen Tod, und schliesslich
auf die vom christlich-jüdischen Standpunkt aus gesehen völlig häretische
Idee einer möglichen Reinkarnation.
Hintergrund dieser Entwicklung, die in Pauli zum ersten Mal konstelliert
war und meines Erachtens die Geschehnisse des 21. Jahrhunderts in
wesentlichem Masse prägen wird, ist die frühe Vermutung des
Nobelpreisträgers (1934), dass die Physik die Vorgänge im
Universum nicht vollständig beschreiben kann, weshalb nach einer
neuen Art der Naturgesetzlichkeit gesucht werden müsse, die er später als den dritten
Typus neben jenen der klassischen und der Quantenphysik definieren wird.
weiter
See also
further articles about Wolfgang Pauli in
http://www.psychovision.ch/rfr/roth_e.htm
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14. Februar 2005
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