Praxis für Alternative Psychosomatik und Traumdeutung, Dr. Remo F. Roth, CH-8001 Zürich

Remo F. Roth

Dr. oec. publ., Ph.D.

dipl. analyt. Psychologe (M.-L. v. Franz)


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Der Briefwechsel zwischen Wolfgang Pauli und C.G. Jung 

Ein Dokument des ungelösten psychophysischen Problems des 20. Jahrhunderts


Appendix I:

Wolfgang Pauli, das Prinzip des kollektiven Eros und dessen kosmogonische Bedeutung 


Motto:  

Solange Sie sich auf der physischen Seite der Welt befinden, so kann man so ziemlich alles einigermassen Beweisbare sagen, ohne deshalb dem Vorurteil der Unwissenschaftlichkeit zu verfallen; berühren Sie aber das psychologische Problem, so wird der kleine Mann, der auch Wissenschaft betreibt, rasend.  

(C.G. Jung an den theoretischen Physiker Pascal Jordan, 10.11.1934)

 


Inhalt:

1. Der kollektive Eros als Archetyp hinter der Sexualität und dessen Ausschluss aus der Naturbeschreibung der Wissenschaft

2. Die vereinigende Funktion des kollektiven Eros in der Alchemie und in der Renaissance

3. Die Rotation als Symbol des kosmogonischen Eros und das taoistische “Kreisen des Lichts”

4. Die Welt als Wille und Vorstellung – die Komplementarität zwischen Eros und Logos

5. Der kollektive Eros und die Lösung des psychophysischen Problems

6. Erkenntnis versus Erfahrung des Eros-Archetypus

7. Der introvertierte Eros und die Mystik

8. „I expect religious wars in the 21st century“

9. Zusammenfassung


   

1. Der kollektive Eros als Archetyp hinter der Sexualität und dessen Ausschluss aus der Naturbeschreibung der Wissenschaft

Wolfgang Pauli war einer der letzten modernen Physiker, der neben seiner naturwissenschaftlichen auch eine breite humanistische Bildung besass. Er betrachtete daher das Phänomen des Eros nicht nur aus der verkürzten wissenschaftlichen und pseudowissenschaftlichen Sicht, das heisst, als nackte Sexualität[1] und als Fortpflanzungstrieb, sondern bezog auch dessen archetypischen Hintergrund ganz bewusst mit ein.  

Diese Haltung des Physikers war sicher beeinflusst von C.G. Jungs Ahnung eines kollektiven Eros[2] oder Eros-Archetypus hinter der rein biologischen, konkretistischen Sicht der Sexualität. Er wehrt sich beispielsweise in seinem Artikel Die Psychologie der Übertragung[3] vehement gegen Freuds konkretistischen Sexualismus, und in seinem Werk AION zitiert er gnostische Schriften um seine Aussage zu untermauern[4], dass „die menschliche Zeugungskraft nur ein Sonderfall der ‚Urnatur des Ganzen’ ist.“ Man kann diese Aussage dahingehend interpretieren – und darin besteht mein ganz besonderes Anliegen dieses Essays – , dass dem kollektiven Eros im wahrsten Sinne des Wortes eine kosmogonische (weltschöpferische) Bedeutung zukommt.  

Ich werde im folgenden einige Briefstellen Paulis auswählen, um zu zeigen, wie auch er diese archetypische Seite der Sexualität, den kollektiven Eros, in seine Überlegungen einbezogen hat und so zu Schlüssen gekommen ist, die seine und erst recht die heutige Wissenschaft weit übersteigen.  

In einem Brief an seinen Kollegen Ralph Kronig aus dem Jahr 1949[5] schreibt er:  

"In unserer Zeit pflegt man die Liebe als etwas persönlich-subjektives zu betrachten, im Gegensatz zur objektiven wissenschaftlichen Naturerkenntnis. Aber in Wirklichkeit ist das Gefühl ebenso allgemein wie das Denken und die Wurzeln des ersteren gehen ebenso tief. Die Liebe als Naturkraft ist eine alte Idee (alchemistisch das Hassen und Lieben der Elemente - die 'Affinität' oder 'Wahlverwandtschaft' der Substanzen - vgl. auch Goethe). Der Traum [Kronigs über des Kollegen Ehrenfests Predigt über die Liebe; RFR] scheint darauf hinzudeuten, dass die Liebe nicht den ihr gebührenden Platz gefunden hat in der Einstellung des Menschen unserer Zeit zum Kosmos und damit in der Naturphilosophie ...”  

Der Nobelpreisträger der Physik unterscheidet also, in der Sprache der Tiefenpsychologie C.G. Jungs ausgedrückt, zwischen dem persönlichen und dem kollektiven Eros.  

Diese Unterscheidung  ermöglicht Pauli dann den Traum seines Kollegen Kronig auf einer archetypischen Basis zu verstehen[6]: Das Prinzip des kollektiven Eros kommt offensichtlich in der Naturwissenschaft, der modernen “Naturphilosophie”, zu kurz. Wir können diesen Schluss zur Feststellung ausweiten, dass die naturwissenschaftliche Methode, die die Ereignisse im Kosmos allein mit der Hilfe von nach aussen gerichteter Mittel beobachtet und mit mathematischen Methoden, mit dem Werkzeug des Logos, zu beschreiben versucht, an sich einseitig und unvollständig sein muss.

 

2. Die vereinigende Funktion des kollektiven Eros in der Alchemie und in der Renaissance  

In seinem Brief verweist Pauli dann auf die alchemistische Vorstellung der Affinität der Elemente. Die mittelalterliche Naturphilosophie berücksichtigte in dieser Weise das Prinzip des kollektiven Eros, das sie als die Weltseele, die anima mundi bezeichnete. Sie sah diese als das vinculum amoris, das Band der Liebe sowohl zwischen den materiellen Objekten als auch zwischen der Innenwelt und der Aussenwelt des Menschen. Die Alchemie ahnte weiter, dass zwischen dem Mikrokosmos, der Ganzheit von menschlichem Körper, Geist und Psyche und dem Makrokosmos, dem Universum eine Beziehung bestehen muss, die sie als – allerdings vermeintlich immerwährende – Spiegelrelation betrachtete. Daher der Spruch “Wie innen, so aussen, wie oben so unten”, der das Wesen der Weltseele, des Prinzips des kollektiven Eros beschreiben sollte.  

Der Physiker fährt in seinem Brief an seinen Kollegen fort:  

“Das [die Nichtberücksichtigung des Eros] war nun keineswegs immer so und insbesondere in der Renaissance finden wir das andere Extrem. Die Liebe war das wichtigste Thema der Philosophie wie dies insbesondere bei Marsilio Ficino ... bei seinem Schüler Pico della Mirandola und in Leone Ebreos 'Dialoghi di amore' zu Tage tritt.”  

Er bezieht sich also auf die zentrale Bedeutung des Phänomens des kollektiven Eros in der Renaissance[7]. Darin wurde die ursprünglich platonische Weltseele zu neuem Leben erweckt. Sowohl sie als auch die menschliche Seele verbanden den materiellen mit dem geistigen Kosmos, wodurch das sinnliche Erleben der negativen Bewertung durch das Christentum entrissen wurde. In der Renaissance ist es daher der Eros, nicht der Logos, der hinter aller Bewegung im Universum steht. Symbolisiert wird diese Eigenschaft der Weltseele, der anima mundi, durch die anima movens, durch jenen Aspekt der bewegen kann. Bewegung bedeutet in jener Zeit also sowohl äussere Bewegung, als auch die innere Bewegtheit und deren Hintergrund, den Eros. Beide begleiteten und lenkten in der Renaissance, im Unterschied zur Moderne, den Erkenntnisdrang des Forschers.  

Auf diese Funktion des kollektiven Eros verweist Pauli nun in seinem Brief. Er schreibt:

“Die Liebe wurde damals so allgemein gefasst, dass sie als ... amor coelestis religiös-ekstatische Zustände (wie die Moses und Paulus) und als 'amor intellectualis dei' (der sich später bei Spinoza wiederfindet, aber von Ficino stammt) den Erkenntnistrieb umfasst. In Verbindung mit dem amor coelestis hat Ficino auch den Begriff 'platonische Liebe' eingeführt, der sich bei Plato und im Altertum eigentlich nicht findet, sondern dem Renaissance-Platonismus eigentümlich ist.”  

Dem kollektiven Eros kommt also eine vereinigende Funktion zu. Er verbindet die mystische Ekstase mit der Erkenntnis und vereinigt so die heute völlig getrennte mystisch-religiöse[8] und wissenschaftliche Schau der Dinge. So rückt Pauli schliesslich auch den heute so oft verballhornten Begriff der platonischen Liebe wieder an die richtige Stelle. Sie beschreibt eben dieses Ganzheitserlebnis der mystisch motivierten wissenschaftlichen Forschung.  

 

3. Die Rotation als Symbol des kosmogonischen Eros und das taoistische “Kreisen des Lichts”  

In der Fortsetzung des Briefes kommt der Physiker auf ein Thema, das ihn sein Leben lang begleitete und des öfteren in seinen Träumen und Visionen verfolgte:  

[Der Renaissance-Platonismus] “(besonders Ficino und Ebreo) hat auch die eigentümliche Idee entwickelt, dass die Wonne der Liebe darauf beruht, dass die Liebenden sich in einen kosmischen Kreisstrom einschalten, der von Gott ausgehend bis zur prima materia herabsteigt und nachher wieder zu Gott heraufführt. Die Kreisstromidee findet sich auch schon früher im mittelalterlichen Platonismus und hat dort kosmogonische und theologische Bedeutung ... Damals gab es noch nicht die Trennung von Erkenntnis und Erleben, denn die Erkenntnis der Natur war über die emotional-betonten Anfänge dieses Prozesses noch nicht hinausgekommen. - Sollte es nicht Einsichten über die Natur geben, die ohne Gefühl nicht gewonnen werden können?"  

In Bezug auf die gefühlsmässige Bewertung dieser platonischen Idee einer Verbindung einer oszillativen mit einer Rotationsbewegung, die sogar einen kosmogonischen (weltschöpferischen) Aspekt haben soll, war Pauli jedoch gespalten. Wie ich in Neoplatonic and Hermetic alchemy: Eternal infertility versus incarnation gezeigt habe, macht er sich einerseits über die Infertilität dieser neuplatonischen Idee lustig, andererseits – wie in dem hier aufgeführten Beispiel – spürt man die Faszination, die für ihn von diesem archetypischen Geschehen ausgeht. Diese Faszination dürfte auf die Tatsache zurückzuführen sein, dass der kosmogonische Eros, dessen Funktionsprinzip in so vielen Träumen und Visionen Paulis symbolisch in der Transformation der Oszillation in die Rotation umschrieben wird[9], hinter einem heute konstellierten Schöpfungs- und Inkarnationsmythos steht. Dieser Mythos kann allerdings mit den Mitteln der modernen, völlig nach aussen orientierten Wissenschaft, die die Psyche und erst recht den gemeinsamen psychophysischen Hintergrund nicht berücksichtigt, nicht erforscht werden[10]. Um derartige Phänomene empirisch erfahren zu können, müsste man vorerst – gemäss dem alchemistischen Motto „Wie aussen, so innen“ – die Resultate der quantenphysikalischen Epistemiologie, das heisst vor allem, die Idee des akausalen beziehungsweise indeterministischen Kollapses der Wellenfunktion, auf innerlich wahrnehmbare körperliche Phänomene ausdehnen[11].  

Pauli scheint derartige innere Prozesse intuitiv geahnt zu haben, konnte sie jedoch nicht mehr beschreiben. Seine Faszination für die im Jahr 1929 durch Richard Wilhelm publizierte meditative Technik des „Kreisen des Lichts“ – vgl. dazu meine Hinweise im Text – weist jedenfalls darauf hin. So kommt er dann im Jahr 1951 auf die im Zitat erwähnte abschliessende Frage: „Sollte es nicht Einsichten über die Natur geben, die ohne Gefühl nicht gewonnen werden können?" Wir können sie zur Fragestellung erweitern, ob nicht die Beobachtung der Geschehnisse im Eros-Archetypus im eigenen Inneren zu ganz neuen Erfahrungen und Erkenntnissen, ja, vielleicht sogar zu eigentlichen Schöpfungsakten im materiellen Universum führen könnte. Wie wir sehen werden, war Pauli die Beantwortung dieser Frage noch nicht möglich, da er noch nicht zum Postulat eines zum Logos komplementären Eros-Bewusstseins vordringen konnte.  

 

4. Die Welt als Wille und Vorstellung – die Komplementarität zwischen Eros und Logos  

In einem Brief aus dem Jahr 1951 an seinen Kollegen Markus Fierz[12] zeigt sich eine ausgesprochen originelle Einstellung Paulis gegenüber dem Phänomen des Eros-Archetypus. Er beschäftigt sich darin vorerst mit dem Werk Die Welt als Wille und Vorstellung seines Lieblingsphilosophen Arthur Schopenhauer. Er findet den Begriff „Wille“ für das damit bezeichnete Phänomen nicht glücklich gewählt. Vor allem beschreibe er nicht etwa den bewussten Willen, sondern den „einem energetischen Gefälle folgende Strom der Archetypen in seiner Beziehung zum Bewusstsein”.[13]  

Diese Charakterisierung des von C.G. Jung so genannten kollektiven Unbewussten erzeugt in mir spontan das Bild eines mäandrierenden, dann plötzlich auch über Flussschnellen und Fälle hinunter stürzenden Stromes, der das Bewusstsein zu überschwemmen droht, wenn es ihm nicht gelingt, eine Beziehung zu ihm aufzubauen. Wir nähern uns so dem im Tiefenpsychologen konstellierten analogen Bild, in dem der bewusste Wille durch einen Gegenwillen durchkreuzt wird[14], sofern er diesem inneren Fluss nicht folgt. Das Bewusstsein hat daher diesen archetypischen Fluss, sozusagen den “inneren göttlichen Willen”, aufzuspüren und ihn zu befolgen, wenn es nicht in einer Psychose oder einer schweren körperlichen Krankheit untergehen will.  

Der Physiker fährt dann in seinem Brief fort:  

"Ich möchte zunächst vorschlagen, das Wort 'Wille' durch 'Trieb', entsprechend 'Wollen' durch 'dem Triebe folgen' zu ersetzen ... Ich möchte hierzu weiter bemerken, dass man in der Renaissance statt 'Trieb' gesagt hat 'amor', was mir sowohl besser als schöner zu sein scheint. Seit dem 19. Jahrhundert gilt aber das Wort 'Trieb' als besonders 'wissenschaftlich' (worüber ich allerdings der Meinung bin, dass sich das bei einer kritischen Prüfung als unzutreffend erweist).

 

Ich übersetze mir also im 20. Jahrhundert 'Die Welt als Wille und Vorstellung' mit 'Die Welt als Trieb und Vorstellung, als Eros -> verbindend und Logos -> unterscheidend, als Subjekt und Objekt, als unbewusst und bewusst, als p Yin und q Yang', kurz, 'als komplementäres Gegensatzpaar', dessen Name sich dann als unwesentlich herausstellt.”  

Er ersetzt also den Terminus “Wille” (im Schopenhauerschen Sinn) durch jenen des Triebes, und schliesslich den Trieb durch Eros. Weiter substituiert er den Schopenhauerschen Begriff “Vorstellung” durch jenen des Logos. So kann er dann das Motto Schopenhauers übersetzen als “Die Welt als Eros und Logos, verbindend und unterscheidend”.  

Kurz nach der Jahrhundertmitte hat er so eine Komplementarität definiert, die den kollektiven Eros gleichberechtigt zum Logos anerkennt. Welch abgrundtiefe Kluft zwischen dieser Auffassung des Nobelpreisträgers der Physik und jener der modernen mainstream-Wissenschaft…!  

Es fällt auf, dass der theoretische Physiker den Logos dem erkennenden Subjekt, den Eros dem (zu erkennenden) Objekt gleichsetzt, was im vorliegenden Fall natürlich heisst: dem kollektiven Unbewussten. Damit bringt er sich in einen ihm wahrscheinlich unbewussten Gegensatz zu C.G. Jung, dessen kollektives Unbewusstes beziehungsweise dessen Zentrum, das Selbst, eindeutig ein Prinzip des Logos darstellt[15].  

Weiter parallelisiert er Subjekt und Objekt mit den Prinzipien Yang und Yin. Diese stellen im Taoismus jedoch nicht etwa Symbole des Bewusstseins und des Unbewussten dar, sondern sind Terme für zwei gleichwertige energetische Prinzipien des Kosmos – in Jungs Sprache, des kollektiven Unbewussten – wobei das eine die männliche, das andere die weibliche Energetik[16] des Universums repräsentiert. Sie entsprechen so in gewisser Weise dem jüdischen Jahweh und seiner Sophia im Alten Testament.  

Diese Interpretation Paulis wird schliesslich dazu führen, dass er Jungs Begriffe des Bewusstseins und des (kollektiven) Unbewussten ebenfalls als komplementär im Sinne der Quantenphysik definiert.

 

5. Der kollektive Eros und die Lösung des psychophysischen Problems

Drei Jahre später, im Jahr 1954, nimmt Pauli das Problem des fehlenden Eros in der Naturwissenschaft in einem weiteren Brief an Markus Fierz[17] wieder auf. In Bezug auf die Spaltung der menschlichen Geistestätigkeit in eine Heilserkenntnis und eine „Nicht-Heilserkenntnis“ – die wissenschaftliche – meint er, dass die letztere  

"ganz von selbst zu einem Punkt gelangen wird, wo es erforderlich ist, eine in bezug auf den Gegensatz innen-aussen, psychisch-physisch neutrale, nicht direkt sichtbare Realität auch mit neutralen Begriffen enheitlich zu beschreiben.“  

An anderer Stelle nennt er diese Realität hinter oder jenseits der nur aussen beobachtbaren physikalischen und der inneren tiefenpsychologischen die psychophysische Einheitswirklichkeit[18]. Er übersetzt damit den Begriff des unus mundus, den C.G. Jung vom Alchemisten Gerardus Dorneus übernommen hatte und beschreibt ihn als “eine unsichtbare, potentielle, nur indirekt durch ihre Wirkungen erschliessbare Realität”[19].  

Es fällt auf, dass der Nobelpreisträger diese psychophysische Einheitswirklichkeit “beschreiben”, das heisst in den Kategorien des Logos ausdrücken will. Dazu schlägt er eine neutrale Sprache vor, in der er an anderer Stelle auch gewisse Beispiele gibt. Als Naturwissenschaftler, vor allem als theoretischer Physiker, geht er somit den Weg des Logos, der Begriffe bildet um mit deren Hilfe neue Erkenntnis zu beschreiben.  

Im Brief an Fierz folgt dann die entscheidende Stelle, in der Pauli den Eros mit dem psychophysischen Problem, das heisst, mit dem ungelösten Problem der Erforschung der psychophysischen Einheitswirklichkeit (unus mundus), verbindet.  

Das [Erfordernis der einheitlichen Beschreibung äusserer und innerer Phänomene] zeigt sich besonders beim psycho-physischen Problem z.B. beim Trieb. Der triebhafte Eros, schon beim Tier, ist das erste Anzeichen einer Einheit von Innen und Aussen, weshalb der Eros auch 'numinos' ist und die ganze Skala von Aphrodite pandemos bis Aphrodite uranie nach sich zieht - womit wir also bei Ficino, der italienischen Frührenaissance, sind. Und ist dessen glückliche Formulierung 'amor intellectualis Dei' nicht bereits ein Fingerzeig in Richtung einer Vereinigung des Gegensatzpaares: Heilserkenntnis und naturphilosophische Erkenntnis - in eine Erkenntnis schlechtweg?  

Der triebhafte Aspekt des Eros-Archetypus, der immer aus einem plötzlich auftauchenden inneren Drang heraus im Aussen zu einer Vereinigung der Gegensätze, das heisst, zur Kopulation, führt, ist für Pauli ein erstes Anzeichen dafür, dass auch der kollektive Eros, der für ihn letztlich in eine religiöse beziehungsweise mystische Heilserkenntnis hinein führt (s. dazu unten), und die naturwissenschaftliche Erkenntnis wieder zusammen kommen müssen.  

Sowohl das Phänomen der Sexualität als auch jenes des Eros-Archetypus erschöpfen sich allerdings nicht in einem verallgemeinernden theoretischen Beschreiben, sondern stellen in erster Linie ein individuelles Erleben dar. Das innere Erleben des kollektiven Eros ist jedoch nur möglich, wenn das Bewusstsein zu einem persönlichen Eros zurückfindet – von mir Eros-Bewusstsein genannt – , der alleine imstande ist mit Hilfe imaginativer, auf den Körper bezogener Techniken sich dem Eros-Archetypus anzunähern. Nur so wird auch jener Archetypus beobachtbar, den die hermetischen Alchemisten als coniunctio, als geschlechtliche Vereinigung einer männlichen mit einer weiblichen Gottheit, innerlich erfahren haben, und aus der der infans solaris entsteht oder die rote Tinktur extrahiert wird, die beide die oben erwähnte Infertilität des neuplatonischen Kreislaufes überwinden[20].  

 

 

6. Erkenntnis versus Erfahrung des Eros-Archetypus  

Das Geschehen in Wolfgang Pauli um die Jahrhundertmitte ist von derart einschneidender Bedeutung, dass ich es hier noch einmal resumieren will: Der Nobelpreisträger anerkennt den Eros-Archetypus neben dem Logos als ein komplementäres kosmogonisches Prinzip. Als theoretischer Physiker glaubt er aber, dass auch der Eros in Erkenntnis führen müsse, nämlich in eine Heilserkenntnis. So sollen dann die wissenschaftliche und die Heilserkenntnis wieder zusammengebracht und derart die Vereinigung der Gegensätze auf einer epistemiologischen Basis vollzogen werden – in die “eine Erkenntnis schlechtweg”.  

Wäre er Experimentalphysiker gewesen, wäre ihm vielleicht die Idee gekommen, dass statt der Theorie das Experiment im Vordergrund stehen könnte. Er hätte sich dann gefragt, ob nicht vielleicht vorerst auf einer empirischen Ebene an das Problem des kollektiven Eros und damit des psychophysischen Geheimnisses herangegangen werden könnte. Seine oben schon erwähnte Faszination für das “Kreisen des Lichts” in Richard Wilhelms Übersetzung des taoistischen Textes Das Geheimnis der Goldenen Blüte zeigt, dass in ihm viel eher der Prozess der individuellen inneren Erfahrung als der verallgemeinernden theoretischen Erkenntnis konstelliert war. Pauli wurde über diese Diskrepanz jedoch nie bewusst[21].  

Eine empirische Forschung, die sich auf den psychophysischen Aspekt des Universums und des eigenen Körpers bezieht, hätte aber vorausgesetzt, dass Pauli die Aktive Imagination C.G. Jungs, die er beherrschte, überwunden und in eine körperzentrierte Imagination hinein gefunden hätte. In solchen Imaginationen konzentriert man sich im Zustand des von mir so genannten Eros-Bewusstseins auf den eigenen Bauch, um mit grösster Verwunderung zu erfahren, dass darin Prozesse geschehen, die man zwar mit der Hilfe der quantenphysikalischen Erkenntnistheorie (aber nicht mit der Hilfe von deren statistisch-kausaler Sprache der Mathematik) beschreiben kann, aber vorerst empirisch erleben muss. So ergänzt dann das Innen das Aussen, das Unten das Oben, wie die alchemistische Methodologie dies erfordert.  

Pauli schliesst seine Überlegungen in Bezug auf den Zusammenhang von kollektivem Eros und möglicher Lösung des psychophysischen Problems auf der epistemiologischen Ebene mit folgender Feststellung:  

"Es scheint mir also, dass die beiden Pole der Erkenntnis sich nähern wollen. Psychische Rückwirkungen unserer physikalischen Experimente treten auf, die doch auch verstanden werden wollen. Und könnten sie verstanden werden, ohne dass der Erkennende sich dabei wandelt?"  

Er ahnt bereits, dass die physikalischen Experimente ungeahnte psychologische, vielleicht sogar psychophysische Rückwirkungen haben könnten – eine Entwicklung, die uns meines Erachtens die nächste Zukunft in drastischer Weise vorführen wird. Aber wieder sieht er die Lösung des Problems in einer Wandlung des Erkennenden, was wohl heisst, dass er nach neuen Erkenntnismöglichkeiten sucht, die mit Hilfe der von ihm vorgeschlagenen neutralen Sprache beschrieben werden können.

 

7. Der introvertierte Eros und die Mystik  

Wolfgang Paulis Rückzug auf die erkenntnistheoretische Methodologie ist allerdings nicht so eindeutig, wie es vorerst den Anschein macht. In einem Brief, ebenfalls aus dem Jahr 1951, an den Kunsthistoriker Erwin Panofsky kommt er zu einem Schluss in Bezug auf den kollektiven Eros, der mir äusserst revolutionär erscheint, da er sich eben nicht auf neue Erkenntnis oder Erkenntnismöglichkeiten bezieht, das heisst, den kollektiven Eros irgendwie in das Prinzip des Logos und dessen epistemiologische Tätigkeit einbeziehen will, sondern ganz auf dem inneren Erlebnis und der introvertierten Erfahrung beruht. Er schreibt dort[22]:  

"Sobald das Fühlen vom Objekt losgelöst, d.h. abstrakt wird, führt es notwendig zur Mystik!"  

Ein vom Objekt losgelöstes Gefühl wendet sich naturgemäss als Erstes nach innen. So erhält es die Möglichkeit, im eigenen Inneren – gemäss meiner persönlichen Erfahrung vor allem im eigenen Körper, genauer: im eigenen Bauch – den kollektiven Eros, den Eros-Archetypus zu beobachten. Pauli beschreibt somit einen Vorgang, in dem der „fühlende Mensch“, das heisst, eine tief introvertierte Haltung die ich das Eros-Bewusstsein nenne, zum Beobachter von Geschehnissen wird, die dem Bereich des kollektiven Eros entspringen. Die Aufnahme einer Beziehung zu dieser hinter dem von C.G. Jung erforschten kollektiven Unbewussten gelegenen letzten Schicht, der psychophysischen Einheitswirklichkeit oder dem unus mundus, entspricht dann einer inneren Erfahrung, in der im eigenen Körper bildhafte Phänomene wahrgenommen werden, die im Krankheitsfall das Symptom abbilden. Sie unterscheiden sich von Träumen und Visionen dadurch, dass sie viel körperlich-substanzieller erfahren werden.  

Die Öffnung des Bewusstseins gegenüber derartigen Erfahrungen der „Innenansicht des Körpers und der Materie“ entspricht dem innerlich angewandten Prinzip der empirischen Beobachtung der Naturwissenschaft. Wenn es gelingt, auf der Grundlage der Beobachtung derartiger Phänomene eine psychophysische Theorie zu erarbeiten, wäre die von Pauli gewünschte Einheit hergestellt, allerdings nicht jene der beiden Erkenntnismöglichkeiten zu der „einen Erkenntnis schlechtweg“, sondern eine Einheit der inneren mystischen Erfahrung mit der wissenschaftlichen Erkenntnis.  

Was Pauli in einer wissenschaftlichen Sprache als das Loslösen des Fühlens vom Objekt beschreibt, ist tiefenpsychologisch gesehen jedoch meist ein zutiefst traumatisierendes Erlebnis. Es kann als Folge einer Enttäuschung in Liebesdingen geschehen, oder auch als Resultat eines plötzlichen, unvorhergesehenen Verlustes eines geliebten Menschen. Die Beziehungswelt der Gefühle und/oder der körperlichen Sexualität wird von einem Moment auf den anderen unterbunden und der oder die Betroffene ist in grosser Gefahr in eine tiefe Depression zu versinken. Dieser traumatisierende Moment bedeutet jedoch auch die Möglichkeit, eine introvertierte Beziehung zum Eros-Archetypus aufzunehmen. In diesem schicksalshaften Augenblick ist die Herausforderung dessen konstelliert, was ich die Neue Mystik (vgl. link) nenne; das Individuum ist eben dann dazu aufgerufen in eine derartige Beziehung hineinzuwachsen, deren Beginn des öfteren mit zutiefst erotischen oder sexuellen Träumen angezeigt wird, die unerfüllt enden.  

 

8. „I expect religious wars in the 21st century“  

Die technische Entwicklung mit ihrer ausschliesslichen Betonung des Logos hat uns den kollektiven Eros, dieses zum Logos komplementäre Prinzip, das eine ebenso grosse Daseinsberechtigung besitzt wie dieser, in derart umfassender Weise verdrängen lassen, dass sich im kollektiven Unbewussten, oder eben im unus mundus, im Reich der Weltseele, eine ungeheure energetische Spannung aufgebaut hat. Da im 21. Jahrhundert die anima mundi nach mehr als dreihundertjähriger Verdrängung und Verstossung wieder anerkannt und berücksichtigt werden will, bin ich zutiefst davon überzeugt, dass das Problem des Aufbaus des Eros-Bewusstseins und einer introvertierten Beziehung desselben zum Eros-Archetypus heute in höchstem Mass konstelliert ist.  

Da das kollektive Bewusstsein sich jedoch einen Deut um dieses Problem schert, könnte es sein, dass wir in nicht allzu ferner Zeit durch katastrophale Ereignisse unbewusst in eine solche  Entwicklung hinein gezwungen werden. Ganz allgemein gesagt dürfte es sich dabei um Phänomene handeln, in denen persönliche Liebesbeziehungen infolge katastrophaler Entwicklungen jedwelcher Art von einem Moment zum anderen abrupt zerschnitten und zerstört werden.  

Diese Schau in die Zukunft führt uns zum Schluss zurück zu einem sehr frühen Brief Wolfgang Paulis aus dem Jahr 1941[23]. Er empfiehlt darin dem „Vater der Atombombe“, Robert Oppenheimer, die Entwicklung des Eros als Ausweg aus dem „immense technical development of the means of destruction“. Doch da er offensichtlich nicht daran glaubt, dass die wissenschaftliche Welt einer derartigen Entwicklung fähig ist, schreibt er mit aus der heutigen Sicht geradezu prophetischer Voraussicht: I „expect religious wars in the next century.“  

Pauli scheint also geahnt zu haben, dass die Vernachlässigung der kollektiven Eros in der Naturwissenschaft zu religiösen Kriegen führen wird. Die neueste Entwicklung zeigt, dass diese Ahnung von kriegerischen Auseinandersetzungen sich immer mehr bewahrheitet, da das fundamentalistische Christentum die einzige Lösung des Gegensatzproblems zwischen dem Logos und dem Eros im Krieg gegen den ebenso fundamentalistischen Islam sieht. Sind wir denn so sicher, dass eben diese Haltung nicht die apokalyptische Endzeit der Menschheit einläuten wird? Es zeigt sich nämlich mehr und mehr, dass eben diese extravertiert-aggressive Einstellung dazu führt, dass der Hydra des Terrorismus unendlich viele neue Köpfe nachwachsen. Das Gefühl der Ohnmacht wird diese terroristischen Gruppen bald einmal dazu verleiten, so schnell wie möglich in den Besitz von Nuklearwaffen zu kommen, um den verhassten Westen, der mit seinem pervertierten, auf den nackten Intellekt reduzierten Logos den Eros der Muslim zerstört hat, zu vernichten.  

In dieser Situation der drohenden Vernichtung der Menschheit besteht vielleicht die einzige und wahrscheinlich letzte Möglichkeit dieser apokalyptischen Katastrophe zu begegnen darin, dass möglichst viele Menschen lernen im Eros-Bewusstsein eine Beziehung zum Geschehen im Eros-Archetypus im eigenen Inneren aufzubauen. Das Leben des Schweizer Heiligen Niklaus von Flüe[24] könnte dabei zum grossen Vorbild werden.

 

9. Zusammenfassung 

Pauli übernimmt Jungs Auffassung, dass die Sexualität einen archetypschen Aspekt besitzt, dem vielleicht sogar kosmogonische Bedeutung zukommt. Er unterscheidet psychologisch gesehen zudem das persönliche Gefühl vom kollektiven Eros. Der kollektive Eros bildete sowohl in der mittelalterlichen Alchemie als auch in der Renaissance ein ganz zentrales Erklärungsprinzip. Die Weltseele oder die anima mundi verband den Menschen mit dem Kosmos, aber auch die äusseren Dinge, vor allem die Planeten und Gestirne miteinander. Infolge der Mathematisierung der Wissenschaft im 17. Jahrhundert wurde sie verdrängt und so die Beziehung der äussere Bewegung mit der psychischen Bewegtheit zerschnitten. Das Gefühl und seine Beziehung zum kollektiven Eros, zur Weltseele kommen daher in der modernen Naturwissenschaft zu kurz.  

Pauli sieht Logos und Eros als komplementäre Prinzipien, ersterer unterscheidend letzterer verbindend. Er ordnet sie so auch den taoistischen kosmisch-energetischen Prinzipien Yang und Yin zu, bezieht Yang dann jedoch auf das Bewusstsein, Yin auf das Unbewusste.  

In einer Ahnung der Existenzmöglichkeit eines alternativen Bewusstseins unterscheidet der Nobelpreisträger schliesslich auch zwei Arten von Erkenntnis, die naturwissenschaftliche und die mystisch-religiöse Heilserkenntnis. Er glaubt, dass in Zukunft beide nötig sein werden, um eine psychophysische Einheitswirklichkeit zu beschreiben. So würden Logos und Eros in die Beschreibung der einen Wirklichkeit einbezogen.  

Als Wissenschaftler und theoretischer Physiker will er also auch die Welt des Eros mit Hilfe theoretischer Begriffe einer neutralen Sprache beschreiben. Er glaubt so die Heilserkenntnis mit der wissenschaftlichen zusammenbringen zu können. Sexualität und kollektiver Eros werden jedoch in erster Linie erfahren und erlebt, und nicht theoretisch beschrieben. Für die Erfahrung des letzteren ist zudem die Entwicklung des Eros-Bewusstseins nötig.  

Pauli sieht zwar noch, dass es der persönliche Eros, das Fühlen ist, das in die Mystik (und damit in eine Beziehung zum Eros-Archetypus) hinein führt, sofern es vom Objekt losgelöst wird. Er kann jedoch nicht mehr sehen, dass dieses introvertierte Gefühl zusammen mit der introvertierten Empfindung und der introvertierten Intuition das Eros-Bewusstsein konstituiert, das im Moment der Beziehung auf den kollektiven Eros das Denken ganz bewusst ausschaltet. Indem es anschliessend die Bilder der mystischen Schau als Ausgangspunkt für neue Erkenntnisse verwendet, ergänzt das Eros-Bewusstsein das erkennende Logos-Bewusstsein, und die mystische Erfahrung und die wissenschaftliche Erkenntnis werden zu einer neuen Einheit zusammen gefügt.

 

[1] Ich erinnere an die Degeneration des Begriffs in der modernen Bezeichnung „Eros-Center“

[2] Die Begriffe “kollektiver Eros“ und „Eros-Archetypus“ werden synonym verwendet

[3] Jung, GW 16, p. 338f. (§ 533f.)

[4] Jung, GW 9/II, p. 215 (§ 313)

[5] Pauli, 1993, ed. Meyenn, p. 725f.

[6] Solche Folgerungen auf der Basis von Traumaussagen sind in den Augen der mainstream-Wissenschaft natürlich eine ungehörige Verletzung der wissenschaftlichen Objektivität. Sie glaubt nur an das vor allem aus der Mathematik abgeleitete Wissen des Bewusstseins, und kann daher nicht sehen, dass es ein “vorbewusstes” oder “absolutes Wissen” (C.G. Jung) im kollektiven Unbewussten gibt, das letztlich hinter all unserer bewussten Erkenntnis steht. Daher die Auswahl des obigen Mottos.

[7] Vgl. dazu Culianu, Ioan, P., Eros und Magie in der Renaissance, Frankfurt, 2001

[8] Es sei hier angemerkt, dass Pauli nicht die theologische Dogmatik und Systematik, sondern die religiöse Mystik meint. Erstere ist ein Produkt des Logos, letztere des introvertierten Eros.

[9] vgl. dazu The Connection between Radioactivity and Synchronicity in the Pauli/Jung Letters, http://www.psychovision.ch/synw/paujubw_e.htm

[10] Gemäss meiner Erfahrung dürfte das UFO encounter und abduction Phänomen damit zu tun haben. Vgl. dazu auch UFO-Entführungen aus der Sicht von Wolfgang Paulis und C.G. Jungs Hypothese der psychophysischen Realität, http://www.psychovision.ch/ufnw/UFOzine_interview_200404_dt.htm

[11] Allerdings nicht, wie dies heute versucht wird, indem auf der Grundlage der naturwissenschaftlichen Epistemiologie (Logos!) quantenphysikalische Prozesse zwischen den Synapsen des Gehirns postuliert werden, sondern indem man sich einer Erfahrung des „inneren Kollapses der Wellenfunktion“ – des alchemistischen Innen, das dem Aussen entspricht – öffnet (weiteres siehe im Text unten).

[12] Pauli, 1996, ed. Meyenn, p. 409f.

[13] Pauli, 1996, p. 409f.

[14] Jung, C.G.: GW 14/I, S. 139 (§ 146)

[15] Diese Differenz dürfte auch der Grund für eine weitere sein: Wie ich a.a.O. gezeigt habe, war in Pauli das doppeltriadische Siegel Salomos als Symbol des Selbst konstelliert, im Gegensatz zu C.G. Jungs Quaternität. Letztere dürfte das Symbol des Logos-Selbst darstellen, erstere das Symbol des Eros-Selbst. In der Alchemie zeigte sich einige Jahrhunderte früher dieser Unterschied in den zwei verschiedenen Strömungen, der neuplatonischen, vor allem von Priestern ausgeübten und der hermetischen Richtung, die den Ärzten und Naturforschern näher lag. Es war ebenfalls Pauli, der diesen Unterschied als Erster gesehen hat.

[16] Für den mit Jungs Psychologie vertrauten Leser möchte ich hier beifügen, dass es sich dabei nicht um die Anima handelt. Diese ist in Jungs Definition die Vermittlerin zwischen dem Ich und dem kollektiven Unbewussten und daher nicht auf derselben Stufe wie das Selbst. Die von mir erläuterte weiblich-archetypische Energetik entspricht vielmehr der alchemistischen Weltseele, der anima mundi, die ein psychophysisches Prinzip darstellt, und nicht nur ein psychisches, wie Jungs Anima.

[17] Pauli, 1999, ed. Meyenn, p. 803f.

[18] Genauer gesagt spricht Pauli von einem “psychophysischen Monismus” der auf einer “unsichtbaren Realität” beruhe, an die sich jedoch die Physik von der einen und die Tiefenpsychologie von der anderen Seite heran tasten würden {Pauli, ed. Meyenn, 1999, p. 141; Brief [1568] vom 5.5.53 an C.F. von Weizsäcker}. Ich fasse diese beiden Ausdrücke im Begriff “psychophysische Einheitswirklichkeit” zusammen.

[19] Pauli, 1996, p. 631 (1952)

[20] s. dazu Neoplatonic and Hermetic alchemy: Eternal infertility versus incarnation, http://www.psychovision.ch/synw/platinfertilityhermincarnp1.htm#411

[21] Diese Diskrepanz setzt sich heute im Gegensatz zwischen der wissenschaftlichen Bewusstseinsforschung auf der einen Seite und meinem Vorschlag der inneren (mystischen) Erfahrung des kollektiven Eros (Eros-Archetypus) mit Hilfe der körperzentrierten Imagination fort.

[22] Pauli, 1996, p. 291

[23] Pauli, 1993, ed. Meyenn, p. 69

[24] Vgl. dazu die Ausführungen im Text und The Wheel Image of Niklaus von Flue as Symbol of the Subtle Body, http://www.psychovision.ch/rfr/radbilde.htm

 


See also further articles about Wolfgang Pauli in

http://www.psychovision.ch/rfr/roth_e.htm

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  21. Februar 2005